VORSORGEVOLLMACHT & PATIENTENVERFÜGUNG

Eine plötzliche oder altersbedingte Krankheit oder ein Unfall können nicht nur zu wesentlichen Veränderungen in der allgemeinen persönlichen Lebensgestaltung führen. Krankheit und Unfall können auch zur Folge haben, dass man seine persönlichen rechtlichen Angelegenheiten nicht länger selbst regeln kann und auf die Mitwirkung anderer angewiesen ist. Durch die Fortschritte in Medizin und Hygiene werden wir im Durchschnitt immer älter. Im fortgeschrittenen Alter wächst naturgemäß unser Risiko, unsere Angelegenheiten einmal infolge von Krankheit oder Gebrechlichkeit nicht mehr selbst wahrnehmen zu können. Aber auch in jungen Jahren können ein Unfall oder eine Krankheit uns unversehens in eine solche Situation bringen.

Haben wir keine Vorsorge getroffen, so muss das Gericht einen Betreuer bestellen. In Deutschland gibt es derzeit rund eine Million Betreuungen!

Wenn nichts geregelt ist...

Kommt es zur Betreuerbestellung, so hat das Gericht nach seinem Ermessen einen Betreuer auszuwählen. Es besteht also die Gefahr, dass Angehörige unter Umständen übergangen werden. Vielleicht wird jemand zu Ihrem Betreuer bestellt, der Sie gar nicht kennt und den Sie selbst sich nie als Betreuer gewünscht hätten. Diese Gefahr ist vor allem dann nicht von der Hand zu weisen, wenn die Ereignisse sich überschlagen und alles sehr schnell gehen muss.

Der Betreuer schuldet dem Gericht relativ strenge Rechenschaft. Das beschränkt natürlich seine Handlungsfreiheit und zwingt ihm einem erheblichen Bürokratismus auf.

Die beträchtlichen Kosten einer Berufsbetreuung (sie wird auf Stundenbasis abgerechnet bei Sätzen bis € 44) können Ihr zur Verfügung stehendes Vermögen empfindlich belasten.

Der nächste Verwandte bzw. der Ehegatte oder der Lebensgefährte kann in solchen Situationen nicht automatisch für die betroffene Person handeln und entscheiden. Es ist daher ratsam, für solche Fälle Vorsorge zu treffen. So kann vor allem vermieden werden, dass fremde Personen allein über das eigene weitere Befinden entscheiden.

Wir Notare bereiten für diese Notfälle als Vorsorge auf den konkreten Einzelfall abgestimmte Vollmachten und andere Anordnungen vor. So wird die Gewähr geboten, dass die ausgesprochenen Vollmachten und weiteren Anordnungen im Notfall auch Geltung erlangen. Im Wesentlichen stehen folgende Vollmachten und Anordnungen zur Verfügung:

Die Vorsorgevollmacht

Durch rechtzeitige Erteilung einer Vorsorgevollmacht können Sie die Anordnung einer Betreuung regelmäßig verhindern. Das empfiehlt sich immer dann, wenn Sie jemanden haben, der Ihr uneingeschränktes Vertrauen genießt. Er muss natürlich immer zur Übernahme der Vollmacht geeignet und bereit sein.

Die Vorsorgevollmacht ist im Kern eine weit gefasste Generalvollmacht zur Vertretung sowohl in vermögensrechtlichen als auch in persönlichen Angelegenheiten.

Im vermögensrechtlichen Bereich kann der Bevollmächtigte z.B. alle Bankgeschäfte vornehmen, Mietverträge schließen oder kündigen, einen Arzt-, Krankenhaus- oder Heimvertrag abschließen, aber auch Grundstücke verkaufen oder belasten, Behördengänge erledigen usw.

Im persönlichen Bereich darf er für Sie die Post entgegennehmen und öffnen. Die Ärzte sind ihm gegenüber von der Schweigepflicht befreit. Er darf über Untersuchungen oder Operationen entscheiden und auch Anweisungen gegenüber Pflegepersonen erteilen. Welche Befugnisse im persönlichen Bereich im Einzelnen abgedeckt werden, muss hinsichtlich besonders weit reichender Entscheidungen im Detail festgelegt werden. Es genügt nicht, auch insoweit einfach eine "Generalvollmacht" zu erteilen.

Zu Risiken und Nebenwirkungen...

 Naturgemäß besteht bei einer so weit gefassten Vollmacht immer eine Missbrauchsgefahr. Die Vollmacht von vornherein auf "Notfälle" zu beschränken, erscheint trotzdem als ausgesprochen unklug. Denn dann muss der Geschäftsgegner sich in jedem Einzelfall davon überzeugen, dass ein solcher "Notfall" konkret vorliegt. Das ist praktisch jedoch kaum möglich.

Eine brauchbare Hilfslösung besteht darin, die Vollmacht jetzt schon - uneingeschränkt - zu erteilen, sie dem Bevollmächtigten aber noch nicht auszuhändigen. Sie wird erst dann herausgegeben, wenn sie tatsächlich benötigt wird.

Einem Missbrauch entgegengewirkt werden kann auch durch Erteilung einer Gesamtvollmacht an zwei oder mehrere Bevollmächtigte, die sich damit gegenseitig kontrollieren. Freilich ist dies auch mit einer zusätzlichen Belastung dieser Bevollmächtigten verbunden, die sich stets miteinander absprechen müssen.

Als wichtigster Rat erscheint mir persönlich, die Person des Bevollmächtigten sorgfältig auszuwählen. Eine Vollmacht dieses Umfangs darf wirklich nur demjenigen erteilt werden, der über jeden Zweifel erhaben ist. Der Bevollmächtigte muss das uneingeschränkte Vertrauen des Vollmachtgebers genießen.

An die Details denken

Die Vollmacht sollte klarstellen, ob der Bevollmächtigte auch dazu berechtigt ist, Geschäfte mit sich selbst oder als Vertreter einer dritten Person vorzunehmen. Nur wenn ihm diese Befugnis besonders erteilt wird, kann der Bevollmächtigte z.B. auch zu seinen eigenen Gunsten über Ihr Konto verfügen.

Weiter sollte geklärt werden, ob und ggfls. in welchem Umfang die Vollmacht übertragen werden darf.

Die Vollmacht kann befristet werden. Sie kann auf eine bestimmte Zeit, auf Ihre Lebensdauer, aber selbst über Ihren Tod hinaus erteilt werden. Auch dies sollte die Vollmachtsurkunde klarstellen. Der Widerruf für die Zukunft sollte keinesfalls ausgeschlossen werden.

Die richtige Form

Streng genommen kann die Vollmacht - ausgenommen hinsichtlich bestimmter Maßnahmen im persönlichen Bereich - sogar mündlich erteilt werden. Das ist freilich aus Gründen der Nachweisbarkeit niemals zu empfehlen. Zumindest schriftlich sollte die Vollmacht auf jeden Fall niedergelegt werden.

Eine notarielle Vollmacht ist erforderlich, wenn sie zur Durchführung beurkundungspflichtiger Grundstücksgeschäfte berechtigen soll (z.B. zum Verkauf oder zur Belastung eines Grundstücks). Auch Banken oder Versicherungen bestehen oft auf eine notarielle Vollmacht. Die notarielle Urkunde schließt Echtheitszweifel aus und beugt dem Einwand vor, der Vollmachtgeber sei bei Erteilung der Vollmacht vielleicht gar nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Bei Verlust der Urkunde kann der Notar eine neue Ausfertigung erteilen.

Doch vor allem: Durch die sachkundige Beratung ist eine klare und einwandfreie Formulierung sichergestellt. Denn im Zeitpunkt ihrer ersten Verwendung kann es für eine Nachbesserung bereits zu spät sein! Wer nur ein vorgefertigtes Formular aus dem Internet herunterlädt und ausfüllt, kann allzu leicht danebenliegen.

Die Betreuungsverfügung

Eine Betreuungsverfügung geht einen guten Schritt weniger weit: Sie ist Ihr bloßer Vorschlag an das Gericht, wer in einem Notfall zu Ihrem Betreuer bestellt werden soll.

Dieser "Vorschlag" ist für das Gericht grundsätzlich bindend. Eine Ausnahme besteht etwa dann, wenn der vorgesehene Betreuer selbst gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, das Amt anzutreten. Entsprechendes würde gelten, wenn anzunehmen ist, dass sich Ihr Wille geändert hat: Sie haben Ihren Ehepartner vorgeschlagen und sind inzwischen geschieden.

Im Gegensatz zum Generalbevollmächtigten unterliegt der Betreuer einer Aufsicht des Gerichts. Wenn Sie keine Vertrauensperson haben, der Sie eine Vorsorgevollmacht erteilen wollen, haben Sie vielleicht doch jemanden, den Sie sich als Ihren Betreuer unter gerichtlicher Kontrolle vorstellen können.

Es gibt auch "negative" Betreuungsverfügungen. So könnten Sie festschreiben, dass das "schwarze Schaf" Ihrer Familie auf keinen Fall zum Betreuer bestellt werden darf, und im Übrigen die Auswahl dem Gericht überlassen.

In der Betreuungsverfügung können Sie auch regeln, wie der Betreuer sein Amt führen soll. Nach dem Gesetz hat er sich daran zu orientieren, was Ihrem Wohl entspricht - ein reichlich unbestimmter Maßstab. Ihren in einer Betreuungsverfügung festgehaltenen konkreten Wünschen und Vorstellungen muss der Betreuer Rechnung tragen.

Viele Betreuer sind bestrebt, sparsam zu wirtschaften, und lassen dabei vielleicht außer acht, dass der Betreute dies selbst früher anders gehandhabt hat. Wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihr Lebensstil - soweit möglich - beibehalten wird, sollten Sie dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Es kann auch für den Betreuer wichtig sein, nachweisen zu können, dass diesem Wunsch entsprechend gehandelt worden ist. Denken Sie nur daran, dass mögliche Erben Einwände gegen seine Amtsführung erheben und das Vermögen "beisammenhalten" wollen.

Patientenverfügung

Mit der Patientenverfügung wird festgelegt, ob und wie man in bestimmten Situationen ärztlich behandelt werden möchte. Es können auch eigene Wertvorstellungen sowie die Einstellungen zum Leben und Sterben und etwaige religiöse Anschauungen niedergelegt werden. Sinn der Verfügung ist die Patientenautonomie und die Durchsetzung des Rechts auf einen würdevollen Tod.

Die Registrierung bei der Bundesnotarkammer

Die Vorsorgeurkunden werden auf Wunsch des Vollmachgebers im Zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer in Berlin registriert, damit sie im Fall der Fälle auch gefunden und beachtet werden.